Mirijam Günter an der PH in Luzern
von Daniel Rosskopf, PH Luzern
Liebe Anwesende
Ich begrüsse Sie alle sehr herzlich zur heutigen Lesung. Mirijam Günter ist hier und das freut mich ungemein. Und man kann sagen, «was lange währt, wird endlich gut»! Hatten doch bereits im Jahr 2012 erste Kontakte zwischen der PH und Ihnen stattgefunden.
Auf der Homepage von Mirijam Günter steht geschrieben:
«Mirijam Günter, in Köln und in vielen anderen genauso schönen deutschen Städten aufgewachsen, absolvierte in mehreren Stationen letztlich erfolgreich die Hauptschule, gekrönt mit einem Realschulabschluss. Nach für alle Beteiligten deprimierenden Versuchen, durch das Erlernen eines ordentlichen handwerklichen Ausbildungsberufs im normalen Leben zu landen, entschied sie sich endlich, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen – zu schreiben.»
Geht es Ihnen wie mir und sie erahnen in diesen Zeilen, dass der Weg von Mirijam Günter durch das Bildungssystem kein ganz einfacher und gradliniger gewesen ist. Ein «Aufwachsen in vielen Städten» bedeutet schliesslich auch immer einen Wechsel des bekannten Umfeldes und zwar im täglichen Leben genauso wie in den jeweiligen Schulen und Schulklassen und «für alle deprimierende Versuche in einem normalen Leben zu landen» weisen ebenso auf zahlreiche Hürden und Umwege im Werdegang hin.
Umso schöner tönt es, dass Mirijam Günter ihre Leidenschaft – das Schreiben – zum Beruf gemacht hat. Im literarischen Werk von Frau Günter erkennt man einen klaren Fokus: Die Menschen am Rande der Gesellschaft, respektive «benachteiligte Jugendliche» oder die «von der Gesellschaft verstossenen» wie es an unterschiedlichen Stellen heisst. Diese Menschen liegen ihr am Herzen; und solche Menschen sind auch Hauptfiguren in ihren Romanen.
Mirijam Günter bietet seit fast zwanzig Jahren Literaturwerkstätten an, in welchen Sie sich der «Sprach- und Leseförderung» einerseits widmet und die «Auseinandersetzung mit Dichtern und Denkern in die bildungsfernen Gesellschaftsgruppen» trägt. Dies mit dem Ziel, den «Zuhörenden ihrer Lesungen einen Eindruck zu geben, was den Beruf der Schriftstellerin ausmacht, als auch klar zu machen, dass es möglich sein kann, einen Weg wie ihren zu gehen – unabhängig von der Biographie und gegen alle Prognosen».
In diversen Zeitungsartikeln (erschienen in der ZEIT, der Süddeutschen Zeitung oder der FAZ) berichtet Mirijam Günter eindrücklich von Begegnungen und Gesprächen mit den meist jugendlichen Teilnehmenden in solchen Literaturwerkstätten; sei es mit Haupt- oder Förderschülern, sei es mit jugendlichen Straftätern oder auch unbegleiteten Flüchtlingen. Und wenn man diese Berichte liest, scheint immer wieder aufzupoppen, dass Mirijam Günter vielleicht deshalb Erfolg haben kann, weil sie einerseits offensichtlich gut zuhören kann, will (und muss!) – manchmal auch bis es ihr ob der geschilderten Ansichten schier schwindelig wird und weil Sie andererseits die Sprache der betroffenen spricht (oder Ausdrücke in eine für die Jugendlichen verständliche Form übersetzen kann), weil sie die Jugendlichen sehr ernst nimmt, ihnen zuhört und ihnen etwas zutraut.
Und Mirijam Günter ermutigt die Jugendlichen an sich und ihre Chancen zu glauben; allen widrigen Umständen zum Trotz. (Und Frau Günter schildert teilweise Situationen, die einem wirklich alle pädagogischen Nackenhaare aufstellen…)
Gleichzeitig verfügt Frau Günter über eine sehr direkte und humorvolle Ader zu verfügen – sie nimmt kein Blatt vor den Mund. So schildert sie, wie sie einem Kunst-Seminarleiter, der sie frühmorgens etwas fragte, mitgeteilt hat (ich zitiere): «Wenn ich um diese Uhrzeit Fragen beantworten wollte, (wäre ich) Bauarbeiterin und nicht Schriftstellerin geworden». Daraus leite ich ebenfalls ab, dass Frau Günter kein Morgenmensch ist und wir können froh sein, sie für den frühen Abend eingeladen zu haben, denn das Beantworten von Fragen aus dem Publikum ist heute fest eingeplant! (evtl Exkurs Agi)
Oder auf meine Frage, ob Sie denn für die Lesung – nebst Wasser – noch andere Wünsche habe, hat sie geantwortet: «Immer; Schampus, Piccola, Sekt» .
Ich meine, man spürt in diesen Passagen auch einen grundsätzlichen (?) unerschütterlichen (?) Optimismus und dieser bringt mich direkt auch zu einer positiven Lesart des eingangs erwähnten Zitates:
«Mirijam Günter, in Köln und in vielen anderen genauso schönen deutschen Städten aufgewachsen, absolvierte in mehreren Stationen letztlich erfolgreich die Hauptschule, gekrönt mit einem Realschulabschluss. Nach für alle Beteiligten deprimierenden Versuchen, durch das Erlernen eines ordentlichen handwerklichen Ausbildungsberufs im normalen Leben zu landen, entschied sie sich endlich, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen – zu schreiben.»
Ich weiss von Frau Günters whatsapp-Status her, dass sie Seen und Berge liebt und es auch mag, wenn es eine Kirche im Dorf gibt. Liebe Frau Günter: Sie müssten sich hier in Luzern also rundum wohl fühlen. Wir haben einen grossen See, umrundet von vielen imposanten Bergen und Kirchen gibt es zahlreiche in der Stadt und den umliegenden Orten.
Es ist also angerichtet und ich freue mich sehr, Sie hier begrüssen zu dürfen. Ich bin sehr gespannt auf die Einblicke in Ihre Tätigkeit und übergebe ihnen gerne das Wort für die kommende Stunde.
Dank
Ich habe mir überlegt, was könnte ich jemandem überreichen, der Seen und Berge liebt und der gerne eine Kirche im Dorf hat. Und ich finde, mit ganz viel Phantasie bringt man bei meinen Gaben auch den Bogen um alle drei Elemente gespannt.
Es gibt etwas «Hiäsigs vo Bärg und Tal»; also etwas von hier von Berg und Tal (sie merken… Berg und Tal…), nämlich einen Oupärosä-Sirup, dazu einen Bio-Alpenkräutertee und – damit auch etwas nahrhafteres zwischen die Zähne kommt – ein Birnenbrot. Jetzt fragen Sie vielleicht, wo denn da der Bezug zur Kirche ist. Ganz einfach: Alle drei Gaben stammen aus der Benediktinerabtei «Kloster Einsiedeln».